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4 | Berlin

Stand und Perspektiven für offene Wissenschaft auf Länderebene

Published onOct 09, 2024
4 | Berlin
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In Berlin beschäftigte sich auf politischer Ebene zuerst die Piratenfraktion mit dem Thema Open Access. Im Februar und März 2014 richtete die Fraktion zwei Anträge[1][2] an das Berliner Abgeordnetenhaus sowie eine Senatsanfrage zur Umsetzung von Open Access an den wissenschaftlichen Einrichtungen im Land Berlin [3]. Auf dieser Grundlage formulierte der Wissenschaftsausschuss im Mai 2014 einstimmig eine Beschlussempfehlung, die den Senat auffordert, eine Open-Access-Strategie für die Veröffentlichung wissenschaftlicher Forschungsresultate zu formulieren [4].

Open-Access-Strategie für Berlin

Die Berliner Open-Access-Strategie wurde im Oktober 2015 von der Senatorin Sandra Scheres im Abgeordnetenhaus vorgestellt und dort verabschiedet. Im Auftrag der “Arbeitsgruppe Open-Access-Strategie Berlin” im Jahr 2020 entwickelte das Open-Access-Büro Berlin eine Empfehlung für eine Landesinitiative Open Research Berlin [5]. Koordiniert durch das Open-Access-Büro Berlin soll die Open-Access-Strategie des Landes und der Hochschulen zu einer Open-Research-Strategie weiterentwickelt werden [6].

Fakten und Zahlen zum Bundesland1

11

Hochschulen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft

1

Universitätsklinikum und medizinische Fakultät

2

staatlich anerkannte Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft

25

private, staatlich anerkannte Hochschulen

>50

außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

Rahmenbedingungen

In Berlin ist die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege (SenWGP), Abteilung V Hochschulen, Referat Forschung, Digitalisierung im Hochschulbereich für Open Access zuständig. Seit 1997 regelt das Land Berlin Zielvereinbarungen mit den Hochschulen in mehrjährigen Hochschulverträgen [7]. Zudem wurde 2016 das Open-Access-Büro Berlin eingerichtet. Die Mittel dafür werden qua Hochschulvertrag an die Freie Universität Berlin gegeben, an deren Universitätsbibliothek das Open-Access-Büro angesiedelt ist.

Das Open-Access-Büro ist seit 2016 die Koordinierungsstelle für offene Wissenschaft im Land Berlin.

Für Digitalisierungs- und Open-Access-Maßnahmen stellte das Land Berlin über die Hochschulverträge 2018–2022 den Hochschulen knapp über 28 Mio. Euro im Zeitraum 2018–2022/23 zur Verfügung [8]. Die in der “Pauschale für Digitalisierung inkl. Open Access” vom Land bereitgestellten finanziellen Mittel wurden von vielen Hochschulen und der Charité - Universitätsmedizin Berlin in unterschiedlicher Weise auch für Open Access genutzt. So wurden mit Hilfe dieser Mittel beispielsweise Personal für die Unterstützung von Open Access beschäftigt, die Mittel wurden zum Aufbau und der Etablierung von Publikationsfonds für Open Access und für die Finanzierung Open-Access-relevanter Infrastrukturen und Services eingesetzt [9].

In den aktuellen Hochschulverträgen 2024–2028 wird der “freie Zugang zu Ergebnissen im Sinne einer offenen Wissenschaft (Open Research) ebenso wie die verantwortungsvolle und friedliche Nutzung von Ergebnissen” dem ethischen Rahmen des Handelns der Hochschulen zugeschrieben [10]. Zudem soll koordiniert durch das Open-Access-Büro Berlin die Open-Access-Strategie des Landes und der Hochschulen zu einer Open-Research-Strategie weiterentwickelt werden. Dafür soll eine zweite Stelle innerhalb des Zuschusses der Freien Universität Berlin am Open-Access-Büro verstetigt werden. Die Hochschulen und die Charité sollen darüber hinaus die “nachhaltige Nutzung erzielter Forschungsergebnisse und der damit verbundenen Daten” anstreben und diese Bemühungen in die Open-Research-Strategie integrieren. Zur Entwicklung von Standards soll ein enger Austausch mit den Konsortien der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) erfolgen [11]. Die Hochschulen erhalten jeweils ab 2026 im Rahmen einer Pauschale Mittel für zusätzliche Ausgaben für “Digitalisierung inklusive Open Access” (Hochschulen) bzw. “Open Access/Open Science” (Charité - Universitätsmedizin Berlin) [12], die je nach Einrichtung in einer Höhe von 100 Tsd. bis 1,3 Mio. Euro liegen.

Unter der Überschrift “Digitale Wissenschaft ist offene Wissenschaft” bekennt sich die Koalition zwischen der SPD, DIE LINKE und GRÜNE in der Vereinbarung 2016–2021 zu Open Access als zu fördernde Regelung in den Hochschulverträgen und unterstützt die Hochschulbibliotheken als “digitale Wissensspeicher” [13]. In den Wahlprogrammen erwähnen SPD, GRÜNE, DIE LINKE und CDU Open Access bzw. Open Science als Handlungsfelder [14]. Im darauffolgenden Koalitionsvertrag “Das Beste für Berlin” 2023–2026 zwischen SPD und CDU Berlin wird Open Access nicht mehr adressiert [15].

In der Open-Access-Strategie wurde als eine übergeordnete Maßnahme die Möglichkeit formuliert, “Open Access im Landeshochschulgesetz nachdrücklich zu empfehlen” [16]. Von dieser Möglichkeit wurde im Zuge der Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) Gebrauch gemacht. Die Novelle wurde im September 2021 durch das Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet. Mit der Novelle wurde in BerlHG – Forschungsberichte §41 erstmals festgeschrieben, dass die Hochschulen den freien Zugang in allen Handlungsfeldern offener Wissenschaft unterstützen sollen, unter anderem auch die Anerkennung von Praktiken offener Wissenschaft “bei der Bewertung von Forschungsleistungen im Rahmen ihrer internen Forschungsevaluation und bei Einstellungsverfahren” [17]. In BerlHG §86 (1) ist überdies festgehalten, dass unterstützende Dienste von den Bibliotheken der Hochschulen zu erbringen sind: “Die Bibliotheken [...] stellen forschungsnahe Dienste bereit und unterstützen den freien Zugang zu wissenschaftlicher Information (Open Science)” [18].

Aktivitäten und Maßnahmen zur Förderung von Open Access

Das Land Berlin fördert eine zentrale Landeseinrichtung in Form des Open-Access-Büro Berlin, das die drei Handlungsfelder der Open-Access-Strategie koordiniert: “wissenschaftliche Publikationen”, “Forschungsdaten” und “Kulturdaten/kulturelles Erbe” [19]. Im Bereich Publikationen hat die Strategie eine Quote zum Ziel gesetzt. Mit dem Jahr 2020 sollte der Anteil an Open-Access-Publikationen für Zeitschriftenartikel aus allen wissenschaftlichen Einrichtungen in der Zuständigkeit des Landes Berlin möglichst bei 60 % liegen [20]. Im Publikationsjahr 2020 lag der Anteil an Open-Access-Publikationen für Zeitschriftenartikel von Autor*innen der neun publikationsstärksten Hochschulen in der Zuständigkeit des Landes Berlin bei 63,6 % [21].

Das Open-Access-Büro ist seit 2016 die Koordinierungsstelle für offene Wissenschaft im Land Berlin.

Als zentrale Infrastruktur im Handlungsfeld kulturelles Erbe fördert das Land Berlin über die Kulturverwaltung die Digitalisierung von Objekten aus Kulturerbe-Einrichtungen (u.a. Archive, Bibliotheken, Museen, Gedenkstätten) durch das Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS). Im Auftrag der Kulturverwaltung berät, unterstützt und koordiniert die am Zuse-Institut Berlin eingerichtete Servicestelle digiS Berlin verschiedene Digitalisierungsprojekte [22]. Das Programm legt den Schwerpunkt auf Berliner Kulturerbe-Einrichtungen, an vielen Projekten sind auch Hochschulen beteiligt. Die Mittel, die für den Kulturbereich im Rahmen der Fördermaßnahme “Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin” durch den Senat für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt bereitgestellt werden, sind im Jahr 2018 verstetigt worden.

Wie in der Strategie anvisiert, haben im Jahr 2024 fast alle Hochschulen Open-Access-Beauftragte benannt und Open-Access-Policies verabschiedet. Auch Forschungsdaten-Policies sind bereits an einigen Hochschulen vorhanden, die unter anderem den freien Zugang zu Forschungsdaten und deren Nachnutzbarkeit thematisieren [23]. An den vier Einrichtungen des Berliner Exzellenzverbundes Berlin University Alliance (BUA) wurde in den vergangenen zwei Jahren ein gemeinsames “Leitbild für Offene Wissenschaft an der Berlin University Alliance” abgestimmt und im November 2023 verabschiedet [24]. Einige Berliner Kulturerbe-Einrichtungen und Forschungsverbünde haben bereits Richtlinien oder Regelungen bezüglich Open Access verfasst oder bekennen sich zu dem Prinzip Open Access [25].

Im Jahr 2023 gründeten die vier Partnerinnen der Berlin University Alliance FU Berlin, HU Berlin, TU Berlin und Charité den Verlag Berlin Universities Publishing (BerlinUP). BerlinUP ist ein Open-Access-Verlag für Angehörige der vier Einrichtungen mit einer allgemeinen, verlagsunabhängigen Publikationsberatung. Der Verlag wird von den Bibliotheken der Charité, FU Berlin, HU Berlin und TU Berlin getragen.

Vernetzungsaktivitäten

Die im Jahr 2014 vom Senat einberufene “Arbeitsgruppe Open-Access- Strategie Berlin” mit Vertreter*innen aus Berliner Wissenschafts- und Kulturerbe-Einrichtungen ist derzeit in der Abteilung Hochschulen bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege angesiedelt [26]. Die Arbeitsgruppe dient dem strategischen Austausch über einrichtungsspezifische Maßnahmen sowie zur Diskussion übergeordneter, berlinweiter Maßnahmen der Strategie. In den Jahren 2024–25 wird der Schwerpunkt der Arbeitsgruppe bei der Weiterentwicklung der Open-Access-Strategie zu einer Open-Research-Strategie liegen [27].

Die Berliner Open-Access-Beauftragten der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, der künstlerischen Hochschulen, der Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft, der Universitäten und der Charité treffen sich regelmäßig in vom Open-Access-Büro Berlin organisierten Arbeitsgruppen. Durch diesen Austausch werden Kompetenzen im Ausbau der lokalen Infrastrukturen entwickelt und gefördert. Über aktuelle Entwicklungen im Bereich offener Wissenschaft berichtet das Open-Access-Büro des Landes regelmäßig auf dem Open Access Blog Berlin, in der PubPub Community und auf der Webseite. Das Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS) hat ein Netzwerk aufgebaut, in dem es mit unterschiedlichen Organisationen und Einrichtungen zu Nachnutzbarkeit und Verfügbarkeit digitaler Kulturdaten kooperiert.

Im Jahr 2023 haben die Berliner Universitäten, die Charité und die Berliner Hochschulen – insgesamt 14 Einrichtungen – gemeinsam 20 Jahre nach der Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen die größte deutschsprachige Konferenz zum Thema Open Access in Berlin ausgerichtet. Die Koordination der Zusammenarbeit für die Open-Access-Tage 2023 übernahm das Open-Access-Büro Berlin [28].

Das Open-Access-Büro Berlin ist Teil vom deutschlandweiten Netzwerk open-access.network und ein regelmäßiger Austausch findet zudem mit den Landesvernetzungsstellen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sowie Partner*innen im Saarland statt. Das Open-Access-Büro Berlin und die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Brandenburg organisieren seit 2021 unter Beteiligung weiterer Akteure jährlich die Veranstaltungsreihe “Quo vadis offene Wissenschaft in Berlin und Brandenburg[29].

Berlin nimmt seit 2019 an dem Bund-Länder-Austausch zu Open Access zwischen den Ländern und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung teil und hat an der Erstellung des 2023 erschienenen gemeinsamen Leitlinien-Papiers “Open Access in Deutschland” [30] mitgewirkt.

Assoziierte Themen

Zum Thema Forschungsdaten gründete sich im Juni 2017 das Netzwerk Forschungsdaten Berlin-Brandenburg (NFDBBB) als regionaler Austausch über Projekte, Aktivitäten und Good Practices im Bereich Forschungsdatenmanagement. Im November 2023 startete das von Berliner und Brandenburger Einrichtungen koordinierte BMBF-Projekt “QUADRIGA Datenkompetenzzentrum”. Das Projekt schafft wichtige Grundlagen im Umgang mit Daten entlang des Datenlebenszyklus, darunter auch das offene Publizieren, und führt Forschungs-, Lern- und Vernetzungsorte zusammen.

Seit 2018 hat Berlin eine Open Data Informationsstelle (ODIS), die sich dafür einsetzt, dass offene (Verwaltungs-)Daten besser geteilt und genutzt werden. Die erste Berliner Open Data Strategie [31] von 2011 wurde durch einen partizipativen Strategieprozess weiterentwickelt und im November 2023 wurde die zweite Fassung der Open Data-Strategie Berlin [32] durch den Senat verabschiedet [33].

Good Practices

Arbeitsgruppe Open-Access-Strategie Berlin

Die 2014 vom Senat einberufene Arbeitsgruppe besteht aus Vertreter*innen aus 27 Berliner Wissenschafts- und Kulturerbe-Einrichtungen und aus den Abteilungen Wissenschaft und Forschung bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege sowie aus der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Durch diese Vernetzungsform wird der Prozess im Austausch mit dem Land Berlin begleitet und die Kompetenzentwicklung wird auf Landesebene gefördert [34].

Fair-Open-Access Fonds an der TU Berlin

Die Universitätsbibliothek der TU Berlin startete 2024 den Fair-Open-Access-Fonds, mit dem die existierende Förderung weiter ausgebaut wird. Fair Open Access bezeichnet verschiedene Ansätze, die ein alternatives Modell zum profitorientierten Publikationssystem schaffen, indem sie die Transformation von subskriptions- zu publikationsbasierten Kosten kritisch hinterfragen. Zu diesem Zweck unterstützt die Universität innovative Publikationsmodelle und Open-Science-Strukturen [35].

Berlin Universities Publishing

Berlin Universities Publishing (BerlinUP) ist ein Open-Access-Verlag in Form einer nicht-kommerziellen, wissenschaftseigenen Infrastruktur und mit einer allgemeinen, verlagsunabhängigen Publikationsberatung. Die Gründung von BerlinUP stellt einen Meilenstein in der Entwicklung von Publikationsinfrastrukturen in akademischer Trägerschaft für Berlin dar. Die Vorarbeiten zu diesem gemeinsamen Vorhaben wurden bereits kurz nach der Verabschiedung der Open-Access-Strategie im Rahmen einer Arbeitsgruppe “Open-Access Publikationsplattformen” aufgenommen [36]. Der Verlag wurde mit Mitteln der Berlin University Alliance gegründet und wird von den Bibliotheken der Charité, FU Berlin, HU Berlin und TU Berlin getragen.

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